2018 entstand in Kooperation mit dem Quartiersmanagement Pankstraße in Berlin (in der Plantagenstr. 12-15, 13347 Berlin) ein Wandgemälde in einem partizipativen Prozess. Dieses Gemälde ist fast 70 m lang und ca. 10 Minuten Fußweg vom S-Bahnhof Wedding entfernt. Es befindet sich an der Außenmauer eines Friedhofs und neben einem ehemaligen Krematorium, das heute das Kulturquartier www.silent-green.net beherbergt.

Einige der Motive haben engen Bezug zu den Arbeiten, die während drei kreativen Spaziergängen über den Friedhof entstanden sind, die ich für Personen angeboten habe, die im Kiez leben. Mit den Spaziergängen verband ich Angebote, kleine Gedichte zur Situation zu schreiben oder sich dem Ort zeichnerisch und malerisch zu nähern. Die Ergebnisse nutzte ich für den Entwurf, der zum Wandgemälde führte.

Die Elemente des Wandbilds

Das Wandbild setzt sich aus 26 Elementen zusammen. Jeweils einem Element zur Einleitung und zum Abschluss und dann noch 24 Elementen, die mit jeweils 8 Elementen 3 Phasen mit Bezug zum Krematorium und zum Urnenfriedhof wiedergeben.

Meine Auseinandersetzung mit der Bestattungskultur führte mich von der Gegenwart durch die Geschichte bis ins Alte Ägypten. Der damalige Glaube an das Weiterleben im Jenseits repräsentiere ich durch das Anch.

Das Licht ist in allen Religionen von großer Bedeutung. Das Licht ist ein Ur-Symbol. Es wird mit dem Leben und dem Göttlichen in Verbindung gebracht, während die Dunkelheit hingegen als eng verbunden mit Tod gilt.

Ein Fisch wurde im frühen Christentum als Erkennungszeichen genutzt.

Das Herz, das ein Kreuz umschlingt steht für die gute Kraft von Religion, wenn sie Menschen stäkt und unterstützt in mehr Mitmenschlichkeit zu leben.

Das Element steht für die Sehnsucht nach Verbindung mit einem Ganzen, nach dem Gefühl der Verbundenheit mit der Natur und dem Kosmos, im Leben und im Tod.

Ein Notenschlüssel war auf einer der Skizzen zu sehen, die während der Friedhofspaziergänge entstanden sind. Der abstrahierte Notenschlüssel steht für die hohe Bedeutung von Musik für sakrale Rituale. Er steht auch für die innere Ruhe und Kontemplation, die durch Musik gefördert wird.

Das Element steht für das Auseinanderfallen des Christentums, ausgelöst durch Prozesse des Machtmissbrauchs, denen die Reformation und der dreißigjährige Krieg folgten. Dadurch entstand eine Situation, in der die Erdbestattung als einzige Bestattungsform in Frage gestellt werden konnte.

Das Element kann als Vexierbild gelesen werden. Vielleicht erkennt man erst auf den zweiten Blick die liegende Figur mit der Schaufel am Fußende, die in einem Sarg liegt, über dem der Grabstein sichtbar ist. Das Element steht für die Erdbestattung und eine ähnliche Skizze zeichnete eine Frau, die am Friedhofspaziergang teilgenommen hatte.

Mit diesem Element, das ein Feuer darstellt, beginnt die zweite Phase. Sie hat einen starken Bezug zum Krematorium.

Das Element verweist auf ein Gesetz, das dazu führte, dass seit 1911 Einäscherungen in Preußen vorgenommen werden durften. Vielleicht ist auch das sichtbar, das als Hinweis auf das Ende der Erdbestattung an diesem Ort gelesen werden kann.

Die Schlange und die Form der Urnenfächer sind überaus auffallend, wenn man die Urnenhalle des ehemaligen Krematoriums betritt. Während die Schlange im Christentum ein Symbol für die Verführung, die Sünde und die Vertreibung aus dem Paradies ist, hat sie in der Urnenhalle einen zentralen Platz und verweist auf die kirchenkritische Haltung derjenigen, die sich damals für die Möglichkeit der Feuerbestattung einsetzten.

Der Grundriss des Krematoriums ist abgebildet, ein Oktogon.

Ein fast schwarzes Quadrat bildet das Zentrum auf dem Terrazoboden des Krematoriums. Es führt die Unausweichlichkeit der Endlichkeit vor Augen. Ich dachte an ein Mausoleum, das ich in Italien besucht hatte in Ravenna das Mausoleum der Galla Placida und das im absoluten Gegensatz dazu durch die Farbwahl blau und gold hell erstrahlt und durch die farbenfrohe Schönheit eine fast heitere Stimmung entstehen lässt.

Blitze und mehrere Urnen verweisen auf die Abläufe an jenem Ort, die zunehmend in Masse und wie am Fließband durchgeführt wurden.

Verbunden mit der Massenabfertigung war die zeitliche Begrenzung der Feier zum Abschied auf 20 Minuten. Diese Vorgabe ließ keinen Raum für besondere Bedürfnisse und die Erfüllung von Wünschen der Trauernden.

Die Urne wird entweder in einem Urnengrab beigesetzt oder in ein Fach im Kolumbarium gestellt. Dies wird aus der Vogel- und der Frontalperspektive angedeutet.

Mit diesem Element beginnt die dritte Phase, die sich auf die Zeit nach dem Krematorium bezieht. Es verweist auf die Offenheit der Interpretationsmöglichkeiten, was unsere Endlichkeit betrifft. Ist der weiße Kreis ein Kreis, ein großer Fleck oder eine Boje in einem Meer, dessen Oberfläche glatt wie ein Spiegel ist? Wie auch immer die Assoziationen ausfallen, sie sollen Raum anbieten der gedanklich und emotional gefüllt werden kann.

Ist ein Herz mit dieser Inschrift kitschig? Ist es eine hilflose Geste der Trauer oder ein Ausdruck tiefen Gefühls? Eine Teilnehmerin am Friedhofspaziergang hatte das Herz skizziert.

Ich greife noch einmal das Motiv auf, das zuvor bereits zu sehen ist. Ich vergrößere es und damit auch gewissermaßen den Raum der Interpretationsmöglichkeiten.

Das wiederholte Motiv erscheint ein drittes Mal. Nur wieder etwas größer als zuvor.

Die Lotusblüte schmückt etliche Urnen von Personen, die aus Asien stammen. Dort ist die Feuerbestattung eine traditionelle Form der Bestattungskultur.

Auf die Weite der Interpretationsmöglichkeiten des Lebens und seiner Endlichkeit sowie dessen was danach sein könnte oder nicht ist je nach Sichtweise möchte ich aufmerksam machen. Vielleicht öffnen sich durch eine Auseinandersetzung mit dem Thema Räume, die aus der Enge in die Weite führen, die statt Beklemmung eine Öffnung für Neues bedeuten können. Dafür stehen die folgenden Elemente, die wieder das Motiv zeigen, das zuvor schon wiederholt wurde. Es wird stetig größer.

Das abschließende Element informiert über das Jahr der Entstehung des Mauerbilds (2018) und die Kooperation mit dem Quartiersmanagement Pankstraße.

Das Wandbild besteht aus zwei Onelinern, also einer Strichführung als ob mit einem einzigen Pinselstrich gemalte worden sei, ohne abzusetzen. Alle Motive sind mit einander verbunden und ziehen sich über die gesamte Länge des Bildes. Das Mauerbild kann gelesen werden wie eine Schriftrolle. Es geht um die Auseinandersetzung der Menschen mit dem Leben und dem Tod.

Während die obere Linie den gesellschaftlichen Umgang mit Tod und Sterben beschreibt, habe ich darunter eine Lebenslinie gezogen, die immer mal wieder die obere, breitere Linie durchbricht.

Die Lebenslinie zeigt, dass im Leben der Tod immer mal wieder Thema ist. Ich denke, es tut uns gut, wenn wir in unserem Leben eine Haltung dazu finden.